Die digitale Infrastruktur ist eines der wichtigsten Themen bei der erfolgreichen Gestaltung der Zukunft unseres Kreises. Hierzu zählen die unter dem Schlagwort „New Normal“ subsumierten Themen Home-Offices und Online-Erreichbarkeit. Aber auch die Attraktivität für Nutzer digitaler Medien und die Frage von Standortfaktoren für Wirtschaft und Gewerbe spielen hierbei eine wesentliche Rolle.
Als Odenwaldkreis haben wir uns 2006 unter Federführung unseres ehemaligen Landrats Horst Schnur auf den Weg gemacht und die Initiative zur digitalen Erschließung unseres Kreises ergriffen. Dabei gab es keine Unterstützung durch private Anbieter. Das Risiko zu investieren wollte niemand eingehen. Von „Marktversagen“ war seinerzeit die Rede. Schnell kamen wir zu der Schlussfolgerung, selbst kommunalpolitisch etwas tun zu müssen, um die Dinge umzusetzen. Daraus resultierte der Aufbau eines kommunalen Breitbandnetztes durch die Brenergo GmbH als Tochter der OREG, die die Organisation übernommen und 2012 das erste flächendecke kommunale Breitbandnetz deutschlandweit installiert hat. Kommunal finanziert wurde das Projekt mit u.a. 20,09 Millionen Euro durch die WI-Bank Hessen. Damit war der Weg frei für ein landes- und bundesweit einmaliges Leuchtturmprojekt, das mehrfach ausgezeichnet wurde.
Im Jahre 2014 folgte eine wirtschaftliche Re-Strukturierung, bei der der Odenwaldkreis eine Bürgschaft in Höhe von 22,59 Millionen Euro übernommen hat. Nur zwei Jahre später folgte der Beschluss zum Vectoring II der Bundesnetz Agentur, bei der die Deutsche Telekom das Exklusivrecht für den Ausbau aller Kabelabzweiger erhalten hat. Als Reaktion richtete die Brenergo GmbH für jeden neuen Kunden in den Multifunktionsgehäusen einen VDSL Steckplatz ein. Die Steigerung der Kundenanzahl und des Homeoffice führten schließlich zu einer ständigen Aufrüstung und Erweiterung des Breitbandnetzes und damit zu Folgeinvestitionen.
Zum finanziellen Stand ist festzuhalten, dass die Verpflichtungen höher sind als der Buchwert des Netzes. Hierdurch ist auch eine neue Konkurrenzsituation entstanden, in deren Verlauf private Anbieter immer öfter in eigene Breitbandstrukturen investieren. Dies geschieht allerdings vordergründig in den Zentren, wo die meiste Kundschaft vorhanden ist und nicht in der breiten Fläche. Die Folge ist ein neues wirtschaftliches Risiko für den Kreis und eine potenzielle Benachteiligung der Bürgerinnen und Bürger im ländlichen Raum.
Die Lösung liegt auf der Hand: Der Marktwert des Netzes ist derzeit wesentlich höher als der Buchwert, weil private Investoren an der Nutzung des Glasfasernetzes für ein Gigabit-Netzwerk und im Weiteren an der Umsetzung von FTH (Faser zum Hausanschluss) interessiert sind. Somit ergibt sich ein optimales Zeitfenster zum Verkauf unseres Glasfasernetztes. Der Zugang der Kunden zum Breitbandnetz bleibt dabei auch weiterhin erhalten und es entsteht zusätzlich die Möglichkeit, einen Gigabit-Anschluss zu bekommen. Damit wird die Grundlage für den flächendeckenden Gigabit-Ausbau bis zum Jahr 2030 gelegt.
Mit dem heutigen Beschluss stellen wir eine vollständige Entschuldung der Brenergo GmbH sicher und sorgen für eine Rückführung der Verbindlichkeiten durch den Kaufpreiserlös. Die SPD-Fraktion unterstützt den Verkauf unseres Breitbandnetzes an die Entega AG / Medianet GmbH und stimmt der vorliegenden Beschlussempfehlung zu – denn: Die Sicherstellung der digitalen Infrastruktur in der Fläche, auch mit wesentlich höheren Datenraten für Bürgerinnen und Bürger sowie für die heimische Wirtschaft, ist für uns ein wichtiger Standortfaktor für den Odenwaldkreis!
Stellungnahme von Andreas Engel zum Verkauf des Breitbandnetzes
