„Das bisschen Haushalt…“
– unser Bild zeigt den SPD-Fraktionsvorsitzenden Raoul Giebenhain beim Ausräumen der heimischen Spülmaschine – … macht sich, eben nicht „von allein“, wie wir spätestens seit 1977 und Johanna von Koczians leise ironischem Schlager wissen.
Der Haushalt des Odenwaldkreises bedarf einer Kraftanstrengung aller – Männer wie Frauen – im Kreistag.
„Das bisschen Haushalt kann so schlimm nicht sein“, sagte „mein Mann“ im Schlagertext vor 45 Jahren. Was „unser Mann“ im Odenwälder Kreistag am 14.3.2022 dazu sagte, ist in der folgenden
Haushaltsrede des SPD-Fraktionsvorsitzenden Raoul Giebenhain
nachzulesen:
Herr Vorsitzender, Herr Landrat, liebe Kolleginnen und Kollegen,
früher hieß es immer: „Die Haushaltsdebatte ist die Sternstunde des Parlaments“. Daran hat sich grundsätzlich zwar nichts geändert und dennoch haben wir es mittlerweile mit einer Situation zu tun, in der uns die finanzpolitischen Rahmenbedingungen in unserer parlamentarischen Handlungsfähigkeit stark einschränken. Insbesondere dann, wenn man von einem Defizit – in diesem Fall von einem Defizit von 4 Millionen Euro – spricht.
Politik im Schatten der Pandemie
Seit nunmehr über zwei Jahren steht alles – auch die Kreispolitik – im Schatten der Corona-Pandemie. Die Pandemie macht vor nichts und niemanden halt – auch nicht vor den öffentlichen Haushalten der Kommunen. Da bleiben am Ende keine Spielräume für freiwillige Leistungen oder überplanmäßige Ausgaben, um Ideen und Visionen umsetzen zu können. Infolgedessen ist der Haushalt, wie der Landrat bei der Einbringung des Zahlenwerks selbst sagte, eine „Zusammenfassung des Notwendigen“.
Defizite beim Kreiskrankenhaus
Insbesondere die Aufwendungen für den öffentlichen Gesundheitsdienst und das Thema „Impfen“ haben sich deutlich im Etat niedergeschlagen. Dazu kommen fortlaufend gesetzliche Regelungen, von denen uns alle Jahre wieder neue ereilen, ohne dass der Odenwaldkreis dafür eine finanzielle Kompensation von Seiten des Bundes oder des Landes erfährt.
An dieser Stelle wird einmal mehr das Konnexitätsprinzip – gemäß der Devise „wer bestellt, der zahlt auch“ – da absurdum geführt.
Die dringend benötigte finanzielle Unterstützung unseres Kreiskrankenhauses leisten wir als Kreis erneut alleine in Form einer kreditfinanzierten Erhöhung des Stammkapitals von 5 Millionen Euro, um die angekündigten Defizite der Jahre 2022 und 2023 auszugleichen. Uns allen muss jedoch klar sein, dass diese Summe lediglich einen finanziellen Puffer für maximal zwei Jahre verschafft. Die 5 Millionen sind also lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein.
Bund und Land finanziell in der Pflicht
Machen wir uns nichts vor: Alleine können wir diese Herkulesaufgabe langfristig nicht stemmen! Dabei sagen wir als SPD-Fraktion schon seit vielen Jahren in aller Deutlichkeit: Krankenhäuser im ländlichen Raum sind ein nicht wegzudenkendes Stück der Daseinsvorsorge und ein zentraler Baustein gleichwertiger Lebensverhältnisse.
Ich bin froh, dass der Deutsche Gewerkschaftsbund im Odenwaldkreis sich mit unserem Landrat solidarisiert und klipp und klar zum Ausdruck gebracht hat, dass der Bund und das Land Hessen endlich ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachkommen müssen, eine auskömmliche Finanzierung der öffentlichen Kliniken sicherzustellen.
Krankenhäuser im öffentlichen Eigentum dienen der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung und damit dem Gemeinwohl. Das ist der entscheidende Unterschied zwischen privat und öffentlich.
Kommunale Krankenhäuser sind Teil der Daseinsvorsorge
Folgerichtig möchte ich an dieser Stelle betonen, dass sich die vorhandenen Strukturen im Gesundheitswesen des Odenwaldkreises gerade während der Corona-Pandemie bewährt haben.
Die SPD im Odenwaldkreis wird deshalb alles dafür tun, dass das GZO – unser Kreiskrankenhaus – in kommunaler Hand bleibt. Es kann doch nicht sein, dass die Hessische Landesregierung private Aktionäre mästet, indem sie 450 Millionen Euro für die Rhön-Klinikum AG und das privatisierte Universitätsklinikum Gießen und Marburg zur Verfügung stellt, während die kommunalen Krankenhäuser „verhungern“.
Hoffnung auf Reformen der Ampel-Regierung
Mit Spannung verfolgen wir den Bund-Länder-Pakt, den die neue Ampel-Regierung in Berlin in ihrem Koalitionsvertrag zur Zukunft der Krankenhausfinanzierung anführt, um endlich die nötigen Reformen für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung auf den Weg zu bringen.
Von der Hessischen Landesregierung erwarten wir, dass das Land seiner gesetzlichen Aufgabe zur Finanzierung der Investitionen in den Krankenhäusern endlich nachkommt. Nur so können wir eine gute Krankenhausversorgung im Odenwaldkreis sicherstellen und auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Wertschätzung entgegenbringen, die sie verdient haben.
Defizitäre Haushalte in vielen Landkreisen Hessens
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Defizit über das wir heute sprechen, zeigt, dass nach einer gewissen Erholung der letzten Jahre wieder die raue Finanzwirklichkeit Einzug gehalten hat.
Besonderen Wert lege ich darauf, dass dies kein hausgemachtes Problem des Odenwaldkreises ist. Ganz im Gegenteil: In der Situation, einen defizitären Haushalt auszuweisen, sind momentan leider wieder viele Landkreise in ganz Hessen.
Dies zeigt, dass die Kommunen weiterhin finanzielle Unterstützung benötigen, um die in der Hessischen Verfassung niedergeschriebene kommunale Selbstverwaltung auch in Zukunft gewährleisten zu können.
Landesregierung löst Versprechen nicht ein
Doch immer, wenn die schwarzgrüne Landesregierung „Verbesserungen“ für die Finanzen der Städte, Gemeinden und Kreise verspricht, halten diese Versprechungen einer kritischen Überprüfung nicht stand. In der Realität verstärkt sich die Finanznot der hessischen Kommunen mit jeder neuen angeblichen Hilfe des Landes.
Während in allen Bundesländern die Kommunen direkt und vollumfänglich vom Auslaufen der bundesgesetzlichen Regelung zur Gewerbesteuerumlage profitieren, trat zum 1. Januar 2020 in Hessen das Gesetz „Starke Heimat Hessen“ mit einer sogenannten Heimatumlage in Kraft. Diese Heimatumlage sieht vor, dass das Land Hessen – statt der Kommunen selbst – über die ca. 300 Mio. Euro verfügt, die durch den Wegfall der erhöhten Umlage hinzukommen.
Mogelpackung Hessenkasse
Und auch die sogenannte „Hessenkasse“ – von der Landesregierung lautstark angekündigt als Entschuldungshilfe für klamme Kommunen – wird in Wirklichkeit zu 80 Prozent von den Städten und Gemeinden selbst finanziert.
Das Geld für die Kommunalen Investitionsprogramme – kurz KIP – stammt gar zu 87 Prozent von den Kommunen und vom Bund. Aber immer präsentiert sich die schwarzgrüne Landesregierung als Helfer in der Not – auch wenn sie nur das Geld von anderen ausgibt.
Und weil sie auf wirkliche und dauerhafte Unterstützung des Landes nicht bauen können, erhöhen die Kommunen ihre örtlichen Steuern und Abgaben. Das ist ein Teufelskreis, aus dem wir dringend ausbrechen müssen, um das Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung zu schützen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Überschüsse aus Vorjahren gleichen Defizit aus – wie lange noch?
Der Landrat hat bei der Einbringung des Haushalts darauf hingewiesen, dass wir das hiesige Defizit von 4 Millionen Euro mit Überschüssen der Vorjahre ausgleichen können. Dies ist zunächst einmal in der Tat eine gute Nachricht – dies ist das Ergebnis einer guten und weitsichtigen Finanzpolitik der SPD in den letzten Jahren. Dieser Effekt wird uns aber auf Dauer keine Abhilfe schaffen können.
2022 keine Erhöhung der Kreis- und Schulumlage
Denn unser oberstes Ziel ist es, auch in den Folgejahren die Städte und Gemeinden nicht mit einer höheren Kreis- und Schulumlage zu belasten. Dieses Ziel, für das die SPD steht, erreichen wir auch 2022! Damit schaffen wir für unsere Kommunen finanzielle Sicherheit, damit diese handlungsfähig bleiben. Dies dient in der Tat der Attraktivität unserer gesamten Region und ist immens wichtig, wenn wir uns als attraktive Wohnortalternative zum Ballungsraum aufstellen wollen. Wenn die Hessische Landesregierung aber nicht sehr schnell geeignete Maßnahmen ergreift, die stetige Mehrbelastung der Kreise durch immer neue Standards und Aufgaben in die Höhe zu schrauben, dann wird dies am Ende die Städte und Gemeinden unseres Kreises noch mehr treffen, wie das ohnehin schon der Fall ist.
Odenwaldkoalition bringt Modernisierung voran
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, seit nunmehr 10 Monaten bilden SPD, ÜWG und FDP die Mehrheitsfraktionen im Odenwälder Kreistag.
Als neue Odenwaldkoalition haben wir in dieser kurzen Zeit bereits wichtige Modernisierungsprozesse auf den Weg gebracht, um unseren Landkreis weiter fit für die Zukunft zu machen.
So wird die OREG auf unsere Initiative hin einer externen Chancen-Risiken-Analyse und einem Change-Management mit umfassenden Restrukturierungsoptionen unterzogen.
Schwerpunkte:
Schulsanierung, Digitalisierung, Verkehrsentwicklung, Landschaftspflege
An vielen Schulstandorten im Odenwaldkreis wird mit Nachdruck saniert und gebaut. Hier tätigt der Kreis ganz wichtige Zukunftsinvestitionen für unsere Kinder, aber auch für ortsansässige Vereine und damit für die gesamte Region.
Die Odenwaldbahn entwickeln wir ständig weiter und schaffen leistungsfähige Anschlüsse an die Metropolregionen. Mit neuen Zügen, neuer Technik, guten, engen Taktungen und dem Ausbau der Strecke gehen wir in die Zukunft.
Mit unseren Nachbarn in Südhessen arbeiten wir als Odenwaldkoalition weiter am vierspurigen Ausbau der B 45 zwischen Dieburg und Groß-Umstadt und an der Ortsumfahrung Groß-Bieberau (B 38). Denn der Straßenausbau ist für die Pendler und die Wirtschaft unserer Region essentiell.
Stichwort Digitalisierung: Mit unserem Beschluss zum Verkauf unseres Breitbandnetzes an die Entega AG / Medianet GmbH stellen wir die digitale Infrastruktur in der Fläche, auch mit wesentlich höheren Datenraten für Bürgerinnen und Bürger sowie für die heimische Wirtschaft sicher.
Auch unseren Schlachthof sichern wir durch zielgerichtete Maßnahmen unserer Wirtschaftsförderung.
Um dem Verlust der biologischen Vielfalt zu begegnen, haben wir einen Landschaftspflegeverband gegründet und in Sachen Windkraft hat der Kreistag auf unseren Antrag hin seine bisherige Haltung noch einmal bekräftigt und die Verantwortlichkeiten für den Bau weiterer Anlagen im Wald noch einmal geklärt.
SPD-Fraktion stimmt Haushalt zu
Meine sehr geehrten Damen und Herren, seien Sie sicher, dass die Auflistung dieser ersten Modernisierungsschritte nicht endgültig sein wird. Auch in den nächsten Monaten und Jahren wollen wir als Odenwaldkoalition den Landkreis dauerhaft und nachhaltig weiterentwickeln. Ein gutes finanzielles Fundament, das unsere Kommunen nicht weiter belastet, ist dabei essentiell, um den Odenwaldkreis auch weiterhin zukunftssicher zu entwickeln.
Die SPD-Fraktion wird der Haushaltssatzung und dem Haushaltsplan nebst Anlagen heute ihre Zustimmung erteilen. Die Änderungsanträge der Grünen werden wir ablehnen, da hier keine Gegenfinanzierungskonzepte vorliegen und die Anträge keine klassischen Haushaltsanträge darstellen, sondern zunächst einmal inhaltlich in den Fachausschüssen diskutiert werden sollten. Den CDU-Antrag werden wir ablehnen, da wir nicht bereit sind, nun mit Kreismitteln das zu finanzieren, was die Landesregierung in den letzten Jahren verschlafen hat.
Solidarität der Odenwälderinnen und Odenwälder
Ich komme zum Schluss und möchte mich abschließend einmal mehr bei all jenen bedanken, die bei uns im Kreis das öffentliche Leben in Kitas, Schulen, Bussen und Bahnen, bei der Feuerwehr, der Polizei, den Rettungsdiensten, in Apotheken und anderswo, gerade auch im Ehrenamt, aufrechterhalten.
Dies gilt besonders angesichts der nach wie vor unser Leben fest im Griff habenden Pandemie, aber auch angesichts des furchtbaren Krieges mitten in Europa, den Waldimir Putin vom Zaun gebrochen hat und der schnellstmöglich beendet werden muss. Danke an alle, die in diesem Zusammenhang in den letzten Wochen so große Solidarität und Hilfsbereitschaft gezeigt haben. Sei es auf Kundgebungen, mit Spenden, durch die Bereitschaft geflüchtete Menschen aufzunehmen oder als Teil eines Hilfskonvois. Es ist großartig, was die Odenwälderinnen und Odenwälder hier leisten.
Dank an Verwaltung und Landrat
Last but not least möchte ich mich bei der Verwaltung mit Landrat Frank Matiaske an der Spitze für die Erstellung des Zahlenwerks herzlich bedanken. Der Dank geht ferner an Herrn Schäfer und Herrn Kumpf, die uns während unserer Jahresklausurtagung, aber auch in den Ausschüssen für Fragen zur Verfügung standen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.