Fraktionen von SPD, ÜWG, FDP und CDU stimmen dem Haushaltsentwurf des Kreisauschusses zu
Bei der 15. Sitzung des Kreistages des Odenwaldkreises standen die Beratungen zum Haushalt 2023 im Mittelpunkt. Nach einer sehr sachlich geführten Debatte wurden Haushaltssatzung und Haushaltsplan trotz eines ausgewiesenen Defizits von 3,2 Millionen Euro mit großer Mehrheit (39:5 bei 2 Enthaltungen) verabschiedet.
SPD-Fraktionsvorsitzender Raoul Giebenhain: „Wir haben deutlich gemacht, dass wir als Kreistag bereit sind, auch in schwierigen Zeiten Verantwortung zu übernehmen.“ Neben den Modernisierungspartnern der Odenwaldkoalition SPD, ÜWG und FDP hatte auch die CDU-Fraktion dem Haushalt zugestimmt, wofür sich Giebenhain ausdrücklich bedankte. Auch ein Mitglied der Fraktion Bündnis90/Die Grünen und zwei fraktionslose Abgeordnete stimmten dem Haushalt zu.
Beim wem sich Giebenhain noch bedankte und welche Gründe für die Zustimmung der SPD ausschlaggebend waren, ist in der folgenden
Haushaltsrede des SPD-Fraktionsvorsitzenden Raoul Giebenhain
nachzulesen:
Herr Vorsitzender, Herr Landrat, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste,
der Landrat hat am 13. März dem Kreistag einen Haushalt vorgelegt, der mit 3,2 Millionen Euro defizitär ist. Aber dennoch: Er ist genehmigungsfähig!
3,2 Millionen Euro Defizit
Noch im Herbst des zurückliegenden Jahres ist das keine Selbstverständlichkeit gewesen, das sei gleich zu Beginn meiner Ausführungen in Erinnerung gerufen. Im letzten halben Jahr verging keine Woche, in der sich die Rahmenbedingungen nicht änderten. Nicht nur unser Landrat, auch wir stellten uns die Frage, wie es gelingen soll, einen Haushalt aufzustellen, der Aussicht auf Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde hat. Noch im Oktober 2022 wies der Entwurf ein deutlich zweistelliges Millionendefizit aus. Heute sind es „nur“ noch 3,2 Millionen.
Erhöhung der Kreis- und Schulumlage unvermeidlich
Dennoch: Es führt für den Odenwaldkreis kein Weg an einer deutlichen Erhöhung der Kreis- und Schulumlage vorbei. Konkret reden wir von 3,85 Prozentpunkten.
Es fällt uns alles andere als leicht diesen Schritt heute gehen zu müssen. Wir haben eine Erhöhung der Kreis- und der Schulumlage viele Jahre lang abgelehnt, denn sie geht zu Lasten unserer Städte und Gemeinden. Wir sind als Kreis gezwungen, das Problem an die nächstuntere Ebene weiterzugeben, ansonsten könnten wir die Vorgaben für einen genehmigungsfähigen Haushalt selbst nicht erfüllen.
Hessische Finanzministerium: 5 Milliarden Euro Mehreinnahmen 2022
Dabei wäre all das gar nicht nötig: Denn gleichzeitig verkündet das hessische Finanzministerium Rekord-Mehreinnahmen nach Abschluss des Haushaltsjahres 2022 in einer Größenordnung von 5 Milliarden Euro. Liebe Kolleginnen und Kollegen: Da stimmt doch was nicht! Das Land schwimmt im Geld, die Kommunen knapsen am Existenzminimum. Dieser Zustand kann, dieser Zustand darf langfristig keine Lösung darstellen!
Die Attraktivität einer Region hängt davon ab, dass die Kommunen in die Infrastruktur für ihre Bürgerinnen und Bürger investieren können. Darauf hat der Landrat bei der Haushaltseinbringung zurecht hingewiesen. Wenn uns jedoch Jahr für Jahr die finanziellen Handlungsspielräume weiter schrumpfen, werden wir als Odenwälder am Ende alle verlieren.
Dies zeigt einmal mehr, dass die Kommunen weiterhin dringend finanzielle Unterstützung benötigen, um die in der Hessischen Verfassung niedergeschriebene kommunale Selbstverwaltung auch in Zukunft gewährleisten zu können.
Defizit des Kreises nicht hausgemacht
Ich möchte noch einmal deutlich zum Ausdruck bringen: Auch das diesjährige Defizit des Kreises ist nicht hausgemacht. Wir haben weder luxuriöse Bauten errichtet noch Millionen schwere Investitionen im Bereich der freiwilligen Leistungen getätigt und dennoch stehen wir finanzpolitisch mit dem Rücken zur Wand. Und das bekommen unsere Städte und Gemeinden diesmal schmerzhaft zu spüren, zum ersten Mal seit vielen Jahren bleibt uns nichts anderes mehr übrig, als die Kreis- und Schulumlage zu erhöhen.
Entlastungspakete des Landes sind Mogelpackungen
Immer wieder kündigt das Land Entlastungspakte an. Die Worte höre ich wohl, aber in der Realität verstärkt sich die Finanznot aller hessischen Kommunen mit jeder neuen angeblichen Hilfe des Landes, aber auch des Bundes.
Und das heißt nicht, dass keine Maßnahme ergriffen worden sind. Nein, das möchte ich überhaupt nicht in Frage stellen. Doch gilt für fast alle Bemühungen folgende Feststellung: Das Geld, das die Kommunen vom Land in die eine Hosentasche bekommen, wird ihnen aus der anderen Tasche wieder herausgezogen. Die sogenannte „Hessenkasse“ wird in Wirklichkeit zu 80 Prozent von den Städten und Gemeinden selbst finanziert und das Geld für die Kommunalen Investitionsprogramme – kurz KIP – stammt gar zu 87 Prozent von den Kommunen und vom Bund.
Kampf für den Erhalt und die Sicherung des Kreiskrankenhauses (GZO)
Denn auch beim GZO trifft uns die Inflation mit voller Wucht. Das hoch angepriesene Krankenhausfinanzierungsgesetz führt bisweilen zu keinen spürbaren Entlastungen. Den Standort unseres Krankenhauses zu sichern, das war, ist und bleibt für uns als SPD-Fraktion wichtig. Und dennoch gilt: Die Kassen sind leer. Folglich werden wir in naher Zukunft neue Wege gehen müssen. Ob dies Klinikverbünde oder strukturelle Reformen sein werden, wird die Zukunft zeigen. Die Odenwaldkoalition hat den Ernst der Lage erkannt und stellt sich dieser Herausforderung.
Zusammenstehen über Fraktionsgrenzen hinweg – Dank an die CDU-Fraktion
Unter dem Strich werden wir aber nur erfolgreich sein können, wenn wir auch über Fraktionsgrenzen hinweg zusammenstehen. Ich möchte mich an dieser Stelle der CDU-Fraktion zuwenden, die sich als größte Oppositionspartei im Odenwaldkreis in diesem Jahr dieser Herausforderung mit uns gemeinsam stellt, indem sie den Haushalt in allen Ausschüssen mitgetragen hat und das auch für heute angekündigt hat.
Bereits bei der Wiederwahl des Ersten Kreisbeigeordneten in der letzten Kreistagssitzung haben Sie sich – statt Fundamentalopposition zu betreiben – für den gemeinsamen Weg entschieden. Dies ist keine Selbstverständlichkeit, das verdient unsere Anerkennung und unseren Dank.
Odenwaldkoalition bringt Modernisierung voran
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch im vergangenen Jahr ist es uns trotz der schwindender Handlungsspielräume gelungen, wichtige Modernisierungsprozesse auf den Weg zu bringen und unseren Landkreis weiter fit für die Zukunft zu machen.
An vielen Schulstandorten wird trotz Inflation, Lieferengpässen und Ressourcenknappheit mit Nachdruck saniert und gebaut. Hier tätigt der Kreis wichtige Zukunftsinvestitionen für unsere Kinder und auch für ortsansässige Vereine und damit für die gesamte Region.
Es geht voran bei den Themen Schlachthof, Digitalisierung. Ebenso bei Schülerbeförderung und Inklusion, wo nun das Hearing ansteht.
Auch bei den Themen Wohngeldumsetzung und Unterbringung von Geflüchteten hat der Odenwaldkreis vorbildliche Arbeit geleistet.
Unsere Odenwaldbahn entwickeln wir stetig weiter. Gleichzeitig hat auch die Infrastruktur im Bereich der Straße unsere höchste Aufmerksamkeit.
B45 ist die Lebensader des Odenwaldkreises
Lassen Sie mich auf diesen Punkt etwas ausführlicher eingehen: Der Straßenausbau ist für die Pendler und die Wirtschaft unserer Region essenziell wichtig. Es kann nicht sein, dass sich die grüne Regierungspräsidentin dieser Erkenntnis verschließt, indem sie das „Wäldchen“ bei Semd als besonders schützenswertes Areal deklariert und den dringend notwendigen Ausbau der B45 zwischen Groß-Umstadt und Dieburg damit auf Eis legt. Die B45 ist die Lebensader des Odenwaldkreises! Solange es dem hessischen Minister für Wirtschaft und Verkehr nicht gelingt, den öffentlichen Personennahverkehr so auszubauen, dass auch die kleinsten Ortsteile im Odenwaldkreis an der lebensnotwendigen Infrastruktur angebunden sind, führt kein Weg an der Straße vorbei!
Wir begrüßen deshalb ausdrücklich den Apell der drei Odenwälder Landtagsabgeordneten Rüdiger Holschuh, Sandra Funken und Moritz Promny an die Hessische Landesregierung und das Regierungspräsidium Darmstadt. Gemeinsam kämpfen wir dafür, dass der Stau ein Ende hat!
Zustimmung der SPD-Fraktion zum Haushalt
Meine sehr geehrten Damen und Herren, seien Sie sicher, dass die Auflistung der Modernisierungsprojekte nicht endgültig sein wird. Gemeinsam werden wir unseren Landkreis dauerhaft und nachhaltig weiterentwickeln. Ein gutes finanzielles Fundament, das unsere Kommunen nicht weiter belastet, ist dabei essenziell. Dem diesjährigen Haushaltsplan und der Haushaltssatzung wird die SPD-Fraktion ihre Zustimmung erteilen. Wie ich bereits eingangs sagte, ist der Haushalt auf Kante genäht und wir können froh sein, dass er so nun auch genehmigungsfähig ist.
Haushalt muss genehmigungsfähig bleiben
Auch vor diesem Hintergrund erklärt sich, dass wir die vorliegenden Änderungsanträge heute ablehnen. Die inhaltlichen Argumente zu den Anträgen der Grünen haben wir in den Ausschusssitzungen ausführlich dargelegt. Ich werde mich heute nicht noch einmal an jedem einzelnen Antrag abarbeiten, zumal vieles bereits durch Verwaltungshandeln erledigt ist. Und ganz egal ob wir Ihren Anträgen in den Ausschusssitzungen zugestimmt hätten oder nicht: Sie werden heute den Kreishaushalt ablehnen. Wie anders ist es sonst zu erklären, dass sie schon in der ersten Ausschusssitzung – im Schul- und Kulturausschuss – den Haushalt abgelehnt haben, ohne Begründung und ohne dass wir zu diesem Zeitpunkt einen einzigen Ihrer Anträge beraten hatten.
Anders die CDU-Fraktion: Sie hat deutlich gemacht, wie man in schwierigen Zeiten auch als Oppositionspartei Verantwortung übernehmen kann, dafür möchte ich noch einmal Danke sagen.
Dank an Verwaltung und Landrat
Last but not least möchte ich mich im Namen meiner Fraktion bei der Verwaltung mit Landrat Frank Matiaske an der Spitze für die Erstellung des Zahlenwerks herzlich bedanken. Unser Dank gilt insbesondere Herrn Schäfer und Herrn Kumpf, die uns während unserer Jahresklausurtagung in Brombachtal, und in den Ausschüssen zur Verfügung standen und alle unsere Fragen ausführlich beantwortet haben.
Und Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren, danke ich für Ihre Aufmerksamkeit.